Fachforum Ganztägige Bildung 1

PerspektivWechsel. Einblicke in eine Methode für multiperspektivische Zusammenarbeit im Bildungsbereich

Referentin:
Karina Schlingensiepen-Trint, Freie Universität Berlin

Darüber, dass Zusammenarbeit eine zentrale Voraussetzung für eine zukunftsfähige Gestaltung von Bildung ist, herrscht gemeinhin Konsens – sowohl mit Blick auf die kommunalen Bildungslandschaften als auch auf die Ganztagsschulen. Dabei wird Zusammenarbeit meist als selbstverständlich vorausgesetzt und gleichzeitig hinsichtlich ihrer eigenen Voraussetzungen unterschätzt; eine Auseinandersetzung mit den Rahmen- und Gelingensbedingungen fehlt häufig. Um mit dieser Ausgangslage produktiv umzugehen, Voraussetzungen für Zusammenarbeit zu reflektieren und zu schaffen und damit neue Wege der gemeinsamen Arbeit im Bildungsbereich zu bereiten, hat das Dialogforum NRW die Methode PerspektivWechsel entwickelt. Karina Schlingensiepen-Trint,  Gründungsmitglied des Dialogforums und  Projektleitung des ABIBA|Meta Teilprojektes Transfer an der Freien Universität Berlin, gab im Fachforum Einblicke in die Methode und das wissenschaftliche Konzept dahinter. 

Am Beispiel von Ganztagsschulen mit multiprofessionellen Strukturen wies die Referentin darauf hin, dass bei einer Zusammenarbeit verschiedener Kooperationspartner:innen meist implizites und stereotypes Annahmewissen über die anderen Beteiligten vorherrscht. Das Handeln einzelner Akteure im Ganztagsbereich, z. B. innere und äußere Schulaufsicht, Schulleitungen, Lehrkräfte und Jugendhilfe, ist häufig noch nicht aufeinander abgestimmt, kann zuweilen sogar gegensätzlich sein. Um Insel- und Barrierenbildung zu vermeiden, ist es daher ratsam, diese Annahmen aufzubrechen. Dies kann gelingen, indem die verschiedenen Akteure aufeinandertreffen und ihre jeweiligen Perspektiven tauschen, um bestenfalls ein „gemeinsam geteiltes, reflektiertes Wissen“ zu generieren. Schlingensiepen-Trint stellte das wissenschaftliche Konzept der relational agency vor, vor dessen Hintergrund das Dialogforum NRW die Methode des PerspektivWechsels entwickelte: Ein Rollenspiel ermöglicht hier, die Perspektive der anderen Akteure einzunehmen, um deren Sicht nachzuvollziehen. Durch die vertauschten Rollen wird die Reflexion des eigenen Tuns ebenso wie das eigene Verständnis der anderen Partner:innen gefördert und ein Transfer ermöglicht, der in einem gemeinsamen Verständnis mündet (alignment). 

Für die Umsetzung des PerspektivWechsels in den eigenen Kontexten erarbeiteten Dr. Anika Duveneck (FU Berlin), Karina Schlingensiepen-Trint (FU Berlin) und Dr. Stefanie Schmachtel (MLU Halle-Wittenberg) einen Leitfaden, der es interessierten Personen ermöglicht, auch eigenständig ein solches Rollenspiel durchzuführen und gemeinsames Wissen zu erarbeiten. Dafür empfiehlt es sich, ein fiktives Szenario zu entwickeln, das die Problemstellung der Partner:innen widerspiegelt. Um den PerspektivWechsel erlebbar zu machen, gab es im Fachforum Raum für die gemeinsame Erprobung der Methode. Das fiktive Ganztagsszenario (s.u.) wurde von den Teilnehmenden zum ersten Mal angewendet. In der Reflexionsphase war die Runde dann aufgefordert, Rückmeldungen zur Problemstellung und Bedeutung des gegenseitigen Verständnisses sowie zum Verhältnis von Rolle und Realität und dem eigenen Erleben der Rolle zu geben (vgl. Arbeitsergebnisse unten). Abschließend bekräftigte Schlingensiepen-Trint, wie wichtig es ist, bei der Durchführung der Methode von der Zielgruppe aus zu denken, um für alle verbindliche Ergebnisse zu erzielen. Knapp bemessene Ressourcen im kommunalen Kontext und verhältnismäßig hoher Arbeitsaufwand für die Methode stehen sich zwar gegenüber, aber damit Kooperation nachhaltig gelingt, ist Beziehungs- und Netzwerkarbeit unabdingbar. 

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