Themenworkshop

Kulturelle Bildung als kommunales Handlungsfeld

Art:

Ort:
Keine Präsenzveranstaltung!
Digitales Format
via Webex, Online
Datum: 
Donnerstag, 24. Februar 2022 - 9:00 bis 13:00
Welche Bedeutung hat kulturelle Bildung für Bildungsbiografien vor dem Hintergrund des lebenslangen Lernens? Wie können relevante Bildungsakteure vor Ort identifiziert, gestärkt und vernetzt werden? Und wie können Kommunen das Querschnittsthema „kulturelle Bildung“ handelnd gestalten? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des ersten Themenworkshops der Transferagentur Nord-Ost im Jahr 2022.  
 
Aktuell gewinnt das Thema „kulturelle Bildung“ auf nationaler Ebene an Sichtbarkeit, z. B. durch die Wahl des Schwerpunktes im modular aufgebauten Förderprogramm „Bildungskommunen“. Die Relevanz kultureller Bildung wird aber auch auf Länderebene betont, so in Schleswig-Holstein durch die Veröffentlichung des Kulturberichts 2017-2021 sowie des Bildungsberichts Anfang 2022. Hier spielen vor allem die Verzahnung von kultureller Bildung und Schule, die Digitalisierung und das Zusammenspiel von Land und Kommunen eine wichtige Rolle.  
 
Bei der Integration des Themenfeldes der kulturellen Bildung in die Bildungsberichterstattung wird deutlich, dass zum einen große Datenlücken bestehen bzw. nur zu bestimmten Ausschnitten und Erscheinungsformen kultureller Bildung Daten vorliegen. Zum anderen gibt es wenige Daten, die den Ansprüchen genügen, repräsentativ, fortschreib- und vergleichbar zu sein. Daher werden bislang eher beschreibende Analysen und Exkurse veröffentlicht in dem Bewusstsein, langfristig z. B. durch eigene Erhebungen eine verlässliche Datengrundlage schaffen zu müssen, um datenbasiertes Steuerungswissen zu generieren. Hier schließt das DIPF-Projekt „InKuBi“an, das Indikatoren im Feld der kulturellen Bildung entwickelt. 
 
Den Einstieg ins Thema gestaltet die Geschäftsführerin der Landesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung Schleswig-Holstein e. V. (LKJ), Dr. Kathrin Sinner. Als Dachverband mit 28 Mitgliedsverbänden aus unterschiedlichen Sparten arbeitet die LKJ an der Schnittstelle zwischen Kultur, Bildung und Jugendarbeit. Dabei bezieht sie sich auf einen weiten, an der menschlichen Lebenswelt orientierten Kulturbegriff und beruft sich auf die Gleichwertigkeit von formalen, non-formalen und informellen Bildungskontexten. Kathrin Sinner beschreibt zunächst die harten Auswirkungen der Corona-Pandemie auf das Feld der kulturellen Bildung, da entsprechende Angebote und Fächer in Schulen zuerst weggebrochen sind und auch außerschulische Angebote während der Lockdowns vielfach entfallen mussten. Als zentrale Herausforderungen und zugleich Visionen benennt sie den Abbau von Barrieren, also die Entwicklung hin zu einer diversitätsbewussten und Diskriminierung abbauenden kulturellen Bildung. Auch der Kooperationsgedanke von Schule und außerschulischen Akteuren wird betont, um Lernen an anderen Orten verstärkt zu ermöglichen und die Ganztagsbetreuung qualitativ hochwertig und ganzheitlich zu gestalten.  
 
In der Diskussion wird deutlich, dass kulturelle Bildung in Zukunft eine starke Position einnehmen muss – zum einen bereits bei den Abstimmungs- und Strategieprozessen zur gemeinsamen Umsetzung des Rechtsanspruchs auf eine ganztägige Betreuung an Grundschulen, zum anderen in der konkreten Umsetzung im (offenen) Ganztag. Hier kommt der Einfluss des Elternwillens auf die Ausgestaltung des Angebotsportfolios im Ganztag zum Tragen und damit verbunden die Chance, die Eltern strategisch für eine Stärkung der kulturellen Bildung im Ganztag einzubeziehen.  
 
Einig sind sich die teilnehmenden Kommunen darin, dass kulturelle Bildung zu den Bereichen zählt, in denen „Projektitis“ vorherrscht: Dem Anspruch, qualitativ hochwertige Angebote bereitzustellen, stehen die oftmals prekären Arbeitsverhältnisse der Fachkräfte gegenüber. Um dem Qualitätsanspruch gerecht werden zu können, müssen Projekte hingegen nachhaltig und langfristig angelegt sein. Kontrovers diskutiert hingegen wird die Frage, ob eher Förderung im großen Stil oder eine Mikroförderung fehlt, da Personalressourcen Sachkosten für Material, Räume und Ausstellungen bzw. das Sichtbarmachen im öffentlichen Raum nicht ersetzen können. 
 
Das Praxisbeispiel aus Gelsenkirchen zeigt auf, welche Rahmenbedingungen sich positiv auf die Erstellung eines kommunalen Gesamtkonzepts für kulturelle Bildung auswirken und welche Schritte Kommunen auf dem Weg dorthin gehen können. In Nordrhein-Westfalen unterstützt die Landesregierung Kommunen bei der Entwicklung und Ausführung von ganzheitlichen Konzepten zur kulturellen Bildung von Kindern und Jugendlichen. Die landesweite Ausschreibung verdeutlicht, dass kulturelle Bildung als strategische Querschnittsaufgabe gedacht wird. Claudia Keuchel, Fachreferentin für kulturelle Bildung der Stadt Gelsenkirchen, schildert, dass ihr Team nach drei veröffentlichten Gesamtkonzepten in den Jahren 2010, 2018 und 2020 nun eine Konzeptförderung für weitere drei Jahre erhalten hat. Das aktuelle Konzept für kulturelle Bildung der Stadt sucht nach Lösungsansätzen für die lokalen Herausforderungen: hohe Zuwanderungsbewegungen, Nationenvielfalt und Strukturwandel. Unter dem Titel „Vernetzt für Vielfalt“ entwickelt es Maßnahmen, um Diversität zu fördern und Diskriminierung abzubauen mit dem Fokus auf Kindern und Jugendlichen, darüber hinaus aber auch am lebenslangen Lernen orientiert. Dabei liegt der Fokus auf der Umsetzung niederschwelliger Angebote vor Ort. So wird z. B. mit dem KunstKulturMobil (KuKuMo) in Kooperation mit der städtischen Kunstschule aufsuchende Kulturarbeit im Quartier betrieben: an Schulen, Jugendeinrichtungen und Unterkünften von Geflüchteten. Auch an dieser Stelle zeigt sich also: Großes Potenzial liegt sowohl in der externen als auch in der internen Vernetzung. In Gelsenkirchen hat sich zu Beginn des Prozesses und auf operativer Ebene der Arbeitskreis Kulturelle Bildung gegründet, zusätzlich befasst sich eine Steuerungsgruppe mit der Konzeptentwicklung. 
 
Aus Flächenlandkreisen wird berichtet, dass Erreichbarkeit und Mobilität aller Bürger:innen große Herausforderungen sind. Wie können lokale Angebote der kulturellen Bildung im gesamten Kreisgebiet gewährleistet werden? Hier setzt die Idee der aufsuchenden Kulturarbeit an, so wird z. B. die Weiterentwicklung von mobilen Fahrbüchereien zu „Dritten Orten“ vorangetrieben. Auch die zunehmende Digitalität kann eine Chance sein, der Bevölkerung digitale kulturelle Angebote – zusätzlich zum analogen Format – über räumliche Distanzen hinweg verfügbar zu machen. 

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