Fortbildung Bildungsmonitoring

Modul II - Analyse und Interpretation von Daten

Art:

Ort:
Onlineveranstaltung
Cisco Webex
modular aufgebautes Format
Datum: 
Dienstag, 7. Dezember 2021 - 9:00 bis 14:00
Bildungsmonitoring zwischen Forschung und Bildungspolitik 
Die Verbesserung der Chancengerechtigkeit im deutschen Bildungssystem rückt wieder stärker in den Fokus des bildungspolitischen Interesses. Im Zuge dessen ist das kommunale Bildungsmanagement gefragt und das Bildungsmonitoring sowie die Bildungsberichterstattung sind als Teil neuer Steuerungskonzepte von zentraler Bedeutung.   
 
Die Auseinandersetzung mit Teilhabe durch Bildung wirft zugleich stets Fragen der Verteilungsgerechtigkeit auf. Wissenschaftliche Indikatoren, Daten, Informationen sollen für eine faire Verteilung von Ressourcen genutzt werden. Das Bildungsmonitoring soll dabei den Entscheidungsträger:innen handlungsleitendes Wissen bereitstellen.  
 
1. Ganztagsbetreuung 
Der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in Grundschulen ist am 2. Oktober 2021 verabschiedet worden und soll nun stufenweise eingeführt werden. Im Zuge dessen sieht sich das Bildungsmanagement vor die Herausforderungen gestellt, die Kosten sowie die qualitative Ausgestaltung und Umsetzung des Rechtsanspruches zu bestimmen. Die bereitgestellten Bundesmittel sollen dabei möglichst gerecht und effektiv eingesetzt werden.  
 
Aus aktuellem Anlass führen Prof. Dr. Kerstin Schneider und Dr. Anna Makles vom Wuppertaler Institut für bildungsökonomische Forschung (WIB) ein Forschungsprojekt zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen durch. Ihr Ziel ist es, eine Methode zu entwickeln, um die Kostenansätze pro Kind oder pro Betreuungsstunde im Ganztag ermitteln zu können.   
 
„Das Bildungsmonitoring ist hier in der Analyse sozialräumlicher Daten gefragt und muss in die Planung einbezogen werden“, so Prof. Dr. Schneider. 
 
Bisherige Erkenntnisse der Case Study aus Frankfurt verweisen zudem auf deutlich höhere Folgekosten und machen demnach eine effektive Steuerung und Verteilung von Ressourcen notwendig.  
 
Neue Normen und Institutionalisierungen werfen zunächst immer mehr Forschungsfragen als Antworten auf; dies zeigt sich auch in den Diskussionen dieser Veranstaltung. Als eine besondere Herausforderung stellt sich die Bestimmung der qualitativen Gestaltung des Ganztages heraus, die den Ländern und einzelnen Kommunen obliegt.  
 
Bevor Empfehlungen für die Ausgestaltung von Angeboten gemacht werden können, bedarf es einer umfassenden Analyse des Sozialraums und der lokalen Bedarfe wie strukturellen Besonderheiten. Die sehr unterschiedliche Ausstattung und individuellen Konzepte der Schule, die bisherige Angebotslandschaft sowie die Auslastung und das Verhalten der Nutzer:innen müssen erhoben und ausgewertet werden, um erste Hinweise für eine Bedarfsplanung zu erhalten. Bevölkerungsprognosen und Berechnungen der Schulentwicklungsplanung bilden hier einen Teil der Datenbasis und müssen durch das Bildungsmonitoring ergänzt werden.  
 
Einen Einblick in erste Erkenntnisse der Studie erhalten Sie aus dem Vortrag von Prof. Dr. Schneider (Präsentation als PDF). 
 
Weitere Informationen zum Forschungsprojekt erhalten Sie hier
 
2. Sozialindizes 
Seit einigen Jahren werden Sozialindizes verstärkt als wichtiger Baustein einer kommunalen Bildungsberichterstattung sowie einer bedarfsorientierten, kommunalen Ressourcensteuerung von Schulen diskutiert.  
 
Wie Prof. Dr. Schneider berichtet, werden Sozialindizes bereits seit längerem für eine systematische Ressourcensteuerung im Schulwesen (u.a. die Zuweisung von Lehrkräfte-, Sprachförder- und weiteren zusätzlichen Personalstellen) in Berlin, Bremen, Hamburg, Hessen und Nordrhein-Westfalen genutzt. Die Kommunen übernehmen dabei Aufgaben, die Einfluss auf die Ungleichheit in der Schullandschaft haben und streben eine evidenzbasierte, „faire Ungleichbehandlung“ zur Förderung von Chancengerechtigkeit an. 
 
Prof. Dr. Schneider stellt in ihrem Vortrag (Präsentation als PDF) die Risiken und Potentiale der Nutzung am Beispiel der Indizes aus Bremen und Nordrhein-Westfalen vor. Infolge der Vakanz einheitlicher Daten oder Möglichkeiten der Manipulation sei die Anwendung und Aussagekraft solcher Indizes stellenweise jedoch begrenzt, um mehr Ressourcen zu erhalten. Prof. Dr. Schneider empfiehlt hier die Ergänzung um Daten aus Lernstandserhebungen.  
 
Bei der Diskussion um zentrale Kennzahlen und vergleichbare Konzepte zwischen den Kommunen zeigt sich, dass ein Transfer von Sozialindex-Modellen auf Landkreise für die Anwesenden bisher nur schwer vorstellbar ist. Ähnliches gilt im Hinblick auf die Frage nach der Übertragbarkeit auf außerschulische Bildungsbereiche. Ein Ansatz hierfür könnte beispielsweise der Sozialindex aus Hamburg sein, der u.a. auf Bourdieus Kapitaltheorie fußt, oder der Gelsenkirchener Teilhabeindex, dessen Dimensionen auf Grundlage der UN-Kinderrechtskonvention entwickelt wurden.  
 
Abschließend betrachtet, zeigt sich die Konstruktion und Verwendung von Sozialindizes im Norden und Nordwesten Deutschlands noch in den Kinderschuhen, gleichzeitig werden aber auch Potenziale einer chancengerechteren Ressourcenverteilung durch evidenzbasierte Steuerung und bildungspolitischen Diskurs deutlich.
 

Übrigens: Die Dokumentation zu Modul I der Fortbildung finden Sie hier

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